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Deep Work – 8 Praktiken für fokussiertes Arbeiten

„Deep Work: Professional activities performed in a state of distraction-free concentration that push your cognitive capabilities to their limit. These efforst create new value, improve your skill, and are hard to replicate.“
– Newport, Cal 2016: Deep Work, p. 3

Das Gegenteil zu Deep Work ist Shallow Work:

„Shallow Work: Noncognitively demanding, logistical-style tasks, often performed while distracted. These efforts tend to not create much new value in the world and are easy to replicate.“
Newport, Cal 2016: Deep Work, p. 3

Gründe für Deep Work

Deep Work gewinnt zunehmend an Bedeutung. Das ist ein Trend, dem zwei Subtrends zugrundeliegen:

  • Deep Work wird immer seltener
  • Deep Work wird immer wichtiger

zunehmende Bedeutung von Deep Work

Grund #1: Deep Work ist wertvoll

Cal Newport sieht den Trend, dass in Zukunft vor allem drei Typen in der Arbeitswelt erfolgreich sein werden:

  • High Skilled Workers: Arbeitskräfte, die einen spezialisierten und besonders gefragten Skill haben. Dazu zählen zum Beispiel Experten in automatischer Bilderkennung.
  • Superstars: In vielen Bereichen werden Superstars das größte Stück vom Kuchen des Arbeitsmarkts abbekommen. Durch Remote-Arbeitsmöglichkeiten erhöht sich das Angebot an Arbeitskräften. Dadurch macht es für viele Unternehmen Sinn, die Besten in jedem Bereich einzustellen oder zu beauftragen. Zum Beispiel die besten Buchhalter, die irgendwo auf der Welt sitzen, statt Buchhalter im eigenen Büro zu haben.
  • Owners: Owners sind Firmeninhaber oder Investoren.

Um zu diesen Gewinnergruppen zu gehören, sind – nach Newports Ansicht – zwei Fähigkeiten wichtig:

  • Die Fähigkeit, schnell schwere Dinge zu erlernen.
  • Die Fähigkeit, schnell und qualitativ Ergebnisse zu erzielen.

Um diese Fähigkeiten zu erlernen und umzusetzen, benötigt es Deep Work.

Grund #2: Deep Work ist selten

Deep Work ist selten und – obwohl zunehmend wichtiger – scheint es durch viele typische Gewohnheiten noch seltener zu werden. Das führt Newport auf verschiedene zurück:

  • Falsche Ziele: Viele Wissensarbeiter setzen sich falsche Ziele oder arbeiten auf schlechte Metriken hin. Wiederum andere Wissensarbeiter haben keine genauen Metriken, nach der sie arbeiten. Deshalb wird auf folgende Methode ausgewählt: Viel machen und am besten für andere sichtbar viel machen. Dadurch wird zwar der Output maximiert, aber nicht unbedingt der Outcome.
  • Der Weg des geringsten Widerstands: Vor allem wenn genaue Metriken, Ziele und Feedback fehlen, wird oft der Weg des geringsten Widerstands gewählt. Das kann sein eine Dokumentation ausführlich zu schreiben, statt ein (technisch) komplexes Problem zu lösen.

Tipp: Hilfe zum Setzen passender Metriken und Ziele bietet das Framework Objectives and Key Results (OKRs).

  • Das Internet: Das Internet schafft bei vielen Menschen die Gewohnheit auf Tiefe und Fokus zu verzichten oder hindert oft daran, Fokus und Tiefe in den Arbeitstag zu integrieren.

Querverweis: Wie Facebook, YouTube und Co. es schaffen solche starken Gewohnheiten zu erschaffen, können Sie in der Zusammenfassung zum Buch Hooked — How to build habit-forming products.

Grund #3: Deep Work ist bedeutsam

Cal Newport beschreibt Deep Work in seinem Buch als Bedeutsam. Dafür nennt er drei Argumente:

  • Neurologisches Argument für Deep Work: Deep Work ist eine Form der Konzentration. Durch den dadurch entwickelten Fokus, ändern sich Nervenbahnen zum Positiven und helfen dabei, sich auch in anderen Situationen auf das Wesentliche zu konzentrieren.
  • Psychologisches Argument für Deep Work: Komplexe Probleme zu durchdringen, erfüllt Menschen mit Glück.
  • Philosophisches Argument für Deep Work: Eine eine Disziplin zu meistern, ist aus philosophischer Sicht Teil eines bedeutsamen Lebens.

Praktiken

Im zweiten Teil von Newports Buch geht er auf Praktiken zum Umsetzen von Deep Work ein. Dafür hat er den Teil in vier Deep Work-Regeln unterteilt. In dieser Zusammenfassung breche ich diese Struktur und nenne lediglich die – meiner Meinung nach wichtigsten – konkreten Praktiken.

Tipp: Wie bei den agilen Praktiken macht es auch hier Sinn, nicht alles auf einmal umzusetzen, sondern sich modular ein passendes Framework zu bauen.

Praktik 1: Zeitplanung

Für die meisten ist es wichtig, Deep Work in einen Zeitrahmen zu setzen. So ist klar definiert, wann Deep Work umgesetzt wird. Das hilft dabei, die individuellen Deep Work-Regeln in dieser Zeit zu befolgen.

Newport identifizierte für sein Buch vier verschiedene Ansätze, um Zeit für Deep Work einzuplanen:

  • Klösterlicher Ansatz: Beim klösterlichen Ansatz dient die ganze Arbeitszeit der Deep Work. Vertreter dieses Ansatzes vermeiden also Shallow Work (u.a. Emails) komplett. Dieser extreme Ansatz ist natürlich für die meisten Wissensarbeiter unmöglich umsetzbar.
  • Dualer Ansatz: Vertreter des dualen Ansatzes arbeiten Blockweise in einem Deep Work Modus. Das kann zu festen Zyklen sein (zum Beispiel die erste Kalenderwoche jeden Monats) oder nach Bedarf. Nach Bedarf können zum Beispiel Romanautoren handeln, indem sie sich für ein neues Buch für eine gewisse Zeit auf’s Land zurückziehen, um ungestört zu sein.
  • Rhythmischer Ansatz: Im rhythmischen Ansatz werden viele kleine Regeltermine für Deep Work gesetzt. Ein beliebtes Beispiel ist es, jeden Morgen als erstes eine fixe Zeit für Deep Work aufzubringen. Nach diesem Ansatz strukturiere ich meine Deep Work Einheiten.
  • Journalistischer Ansatz: Der letzte Ansatz ist der strukturierte Ansatz und passt eigentlich nicht dazu, wie ich die Praktik (Praktik 1: Zeitplanung) genannt habe. Denn bei diesem Ansatz gibt es keine Zeitplanung, sondern Deep Work wird immer dann umgesetzt, wenn es gerade möglich und nötig ist. Das fordert die Fähigkeit in verschiedenen Situationen in Deep Work zu wechseln. Da für viele allerdings das Wechseln zu Deep Work nicht so einfach wie das Umlegen eines Lichtschalters ist, ist dieser Ansatz nicht für viele geeignet.

Praktik 2: Rituale

Die zweite Praktik setzt an die Kraft der Gewohnheiten an. Folgende Rahmenbedingungen von Deep Work zu ritualisieren, unterstützt dabei, erfolgreich in den Deep Work-Modus zu wechseln.

  • Ort: Optimaler Weise wird für Deep Work ein besonderer Arbeitsort genutzt, der nur für Deep Work da ist. Dieser Ort sollte natürlich möglichst frei von Ablenkungen sein. Eine leichte Anpassung dieser Rahmenbedingung (z.B. alle Unterlagen, die nichts mit Deep Work zu tun haben vom Tisch) könnte auch hilfreich sein – vor allem wenn es nicht anders möglich ist.
  • Dauer: Deep Work wird in festen Zeitslots durchgeführt.
  • Regeln: Was bedeutet die Deep Work für Sie? Was gehört zu Deep Work? Zum Beispiel: Handy ausschalten, Email-Programm schließen und so weiter.
  • Unterstützende Rituale: Ihre Deep Work können Sie durch bestimmte (angenehme) Rituale weiter unterstützen. Zum Beispiel mein Ritual ist es, eine Deep Work-Session mit einem frischen Kaffee oder Tee zu starten. Auch eine Beschreibung, wie sie ihre Pause verbringen, ist hilfreich. Zum Beispiel: 90 Minuten Deep Work Phase = einmal um den Block laufen.

Praktik 3: Erholung

Diese Praktik ist eindeutig: Hier geht es darum Pausen von Deep Work zu nehmen, um die Batterien wieder aufzuladen. Das geschieht nicht, wenn man die Abendstunden dafür aufbringt, weiterzuarbeiten, obwohl man weiß, dass diese Stunden nur wenig bzw. schlechte Ergebnisse abliefern. Ein effektiverer Ansatz ist es, sich zu erholen und am nächsten Tag mit frischem Wind an die Arbeit zu gehen.

Praktik 4: Digitaler Minimalismus

Um Deep Work-Phasen und die Deep Work-Mentalität zu schützen, erwähnt Newport im Deep Work-Buch mehrmals Praktiken des digitalen Minimalismus. Zum Beispiel empfiehlt er soziale Medien komplett zu vermeiden.

Vor allem aber nach dem Deep Work-Buch erkannte Newport, dass für das Thema digitaler Minimalismus noch viel Optimierungspotenzial bestand. Der Aufklärungsbedarf war so groß, dass Newport ein separates Buch schrieb. In meinem nächsten Artikel stelle ich dieses zur Ergänzung der Deep Work-Praktiken genauer vor.

Praktik 5: Deep Thinking

Deep Thinking-Phasen sind eingeteilte Zeiten (z.B. eine Stunde pro Woche oder jeden Feierabend eine halbe Stunde), um ungestört nachzudenken. Ungestört bedeutet in diesem Fall, nicht erreichbar zu sein und auf äußere Informationsflüsse wie das Internet zu verzichten.

Der Grund dafür ist folgender: Durch die vielen Informationen und Eindrücke, die während eines Tages auf einen einprasseln, braucht man Zeit um das ganze zu verarbeiten.

Querverweis: Ein Indiz für die Bedeutung von Deep Thinking liefern Ergebnisse von Studien von Kohlert und Berth: Demnach werden 73% aller Unternehmensideen in der Freizeit erzielt und alleine 24% in der Natur.

Praktik 6: Zeitplanung für Shallow Work

Neben der Deep Work macht es für viele Sinn, Shallow Work (Gegenteil von Deep Work) zeitlich einzuplanen. Diese Praktik folgt dem wirtschaftlichen Prinzip der Skaleneffekte, das besagt, dass bei steigender Anzahl der auf einmal durchgeführten (oder bestellten) Einheiten die Aufwand pro Stück sinkt.

Ein Beispiel: Emails werden jeden Tag um 10 Uhr, 13 Uhr und 16 Uhr beantwortet. Dadurch sollen Ablenkungen und die gesamte Email-Zeit minimiert werden, ohne dadurch weniger Emails zu beantworten.

Praktik 7: Feierabend um 17:30 Uhr

Jeden Tag zu einem fixen Zeitpunkt Feierabend zu machen, hat folgende positive Effekte:

  • Ablenkungen vermeiden und Priorisierungen stärken → Es kann nicht die Ausrede vorgeschoben werden: Ach, das mache ich später oder heute Abend. Da es einen festen Zeitpunkt für den Feierabend gibt, gehen Sie sicher, dass die Zeit, die Sie haben, auch sinnvoll genutzt wird.
  • Erholung fördern → Nach einem Arbeitstag mit hoher Konzentration können Sie so ihre Batterien wieder aufladen, um am nächsten Tag wieder möglichst viel Deep Work-Phasen zu erreichen.

Praktik 8: Schwer erreichbar

Eine große Quelle für Ablenkungen ist die hohe Erreichbarkeit vieler Menschen. Wenn Sie das für Ihre Zwecke minimieren können, haben Sie es einfacher den Fokus auf das Wesentliche zu wahren.

Zusatz: Deep Work am agilen Arbeitsplatz

Die acht genannten Praktiken dienen als soliden Baukasten, um Deep Work Gewohnheiten aufzubauen. Für viele besteht allerdings noch die Herausforderung, Deep Work in den Büroalltag zu integrieren. Dazu gibt es einige Tipps, die sowohl die Betroffenen adressieren als auch die Gestalter von Büroräumen. Dazu folgt voraussichtlich diesen Monat (April 2020) ein neuer Artikel, den ich hier verlinken werde.

Fazit

Deep Work kann für viele Arbeitnehmer und ganze Unternehmen den Unterschied ausmachen. Der Schlüssel zu Deep Work ist es, die Praktiken umzusetzen und ggf. weiterzuentwickeln, die zu der jeweiligen Situation passen. Den optimale Mix finden die meisten wahrscheinlich durch iteratives Experimentieren.

Quellen

Berth, R.: Welche Idee siegt, in: Gablers Magazin, Heft 11-12/1992, S. 74

Kohlert, Helmut: Marketing für Ingenieure, München 2012, S. 253 (Amazon Partnerlink)

Newport, Cal: Deep work : rules for focused success in a distracted world, New York, 2016 (Amazon Partnerlink auf Englisch und Amazon Partnerlink auf Deutsch)

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